Doppeljubiläum: 60 Jahre Maria-Nitzschke-Haus und 60 Jahre Erziehungsberatung Derendorf

Stadtdirektor Burkhard Hintzsche sprach Grußwort / Ehrenpräsident Karl-Josef Keil ließ die Historie lebendig werden / Treffen mit Ehemaligen

Feierstunde im Foyer des Maria-Nitzschke-Hauses (v.l.): Stadtdirektor Burkhard Hintzsche, Marion Warden (Vorstandsvorsitzende AWO Düsseldorf), Karl-Josef Keil (Ehrenvorsitzender des AWO-Präsidiums) und Nuran Breuer (Geschäftsführerin AWO Familienglobus gGmbH, zu der auch die EB Derendorf gehört). Fotos: Wolfgang Schmalz
Glückwunsch mit Pflanze: Hauptabteilungsleiterin Aleksandra Schmidt (re) gratulierte Einrichtungsleiterin Leslie Baroche.

 

Seltenes Doppeljubiläum: Die AWO Düsseldorf feierte gestern das 60-jährige Bestehen des Maria-Nitzschke-Hauses sowie 60 Jahre Erziehungsberatung Derendorf. Auch diese ist im Gebäude an der Liststraße untergebracht. Das damalige Sozialhaus wurde als sozialpädagogisches Familienzentrum konzipiert – und das zu einer Zeit, als es diesen Begriff noch gar nicht gab. 

Zur Feier des Tages hielt nach der Begrüßung durch Präsidiumsmitglied Klaudia Zepunkte und die Vorstandsvorsitzende Marion Warden Düsseldorfs Stadtdirektor Burkhard Hintzsche ein Grußwort. Karl-Josef Keil, Ehrenvorsitzender des AWO-Präsidiums, erinnerte in einer launigen Ansprache an die Historie der heutigen AWO-Zentrale. Die EB Derendorf nimmt hier einen ganz besonderen Platz ein: Sie war die erste Erziehungsberatungsstelle der AWO in Düsseldorf und insgesamt die dritte im Düsseldorfer Stadtgebiet. Auch die Kita „Pusteblume“ im Erdgeschoss des Gebäudes besteht in diesem Jahr 60 Jahre. Wegen Umbauten wird dieses Jubiläum aber erst Anfang 2026 gefeiert.

60 Jahre Maria-Nitzschke-Haus: 
Ein Zuhause für Düsseldorfs soziale Stärke

„Die Arbeiterwohlfahrt in Düsseldorf feierte gestern den stolzesten Tag in ihrer Nachkriegsgeschichte“ schrieb die Presse 1965 bei der Eröffnung des Sozialhauses der AWO Düsseldorf. Und tatsächlich war der Start des heutigen Maria-Nitzschke-Hauses mit dem Prinzip der kurzen Wege und der engen Vernetzung unterschiedlicher Bereiche ein Meilenstein für die Entwicklung der sozialen Arbeit. Grund genug also, am 2. Dezember 2025 das 60-jährige Bestehen des Hauses gebührend zu feiern. Zeitgleich begeht an diesem Tag die Erziehungsberatung Düsseldorf ihr 60-jähriges Bestehen mit einem „Tag der offenen Tür“. Auch die Kita „Pusteblume“ im Erdgeschoss des Gebäudes besteht in diesem Jahr 60 Jahre.

Nach dem Verbot im Zweiten Weltkrieg nahm die AWO Düsseldorf ihre Arbeit in der heutigen Landeshauptstadt als erster AWO-Kreisverband (KV) bundesweit rasch wieder auf. Das Waisenhaus in Gerresheim, die erste Einrichtung des KV überhaupt, wurde wieder übernommen. 1954 wurden die erste Kindertagesstätte eröffnet, das Lore-Agnes-Seniorenheim folgte 1955, die Mütterschule im Jahr 1956, das Georg-Glock-Seniorenheim 1958. Vor allem die Mütterschule, Vorläuferin des heutigen Familienbildungswerks, benötigte für ihre vielfältigen Aktivitäten mehr Raum. Dies war der Hauptgrund, dass die AWO das Sozialhaus baute. Das hierfür benötigte Grundstück kaufte der Kreisverband von der Stadt Düsseldorf.

Das neue AWO-Stammhaus wurde im April 1965 eröffnet. Das Maria-Nitzschke-Haus – die Umbenennung erfolgte im Jahr 1985 - markiert zugleich den Einstieg der AWO Düsseldorf in den Dienstleistungsverband. Schritt für Schritt baute der Kreisverband sein soziales Dienstleistungsangebot aus. Heute zählt die AWO Düsseldorf zu den größten Kreisverbänden bundesweit.

Namensgeberin Maria Nitzschke

Dass dieser Prozess der Professionalisierung damals gestartet wurde und gelang, hat die AWO Düsseldorf vor allem ihrer langjährigen Vorsitzenden Maria Nitzschke zu verdanken. Sie hat stets über den Tag hinausgedacht und mutig gehandelt.

Maria Nitzschke war 1924 als Helferin zur AWO gekommen und leitete ab 1930 den Ortsverein Bilk. Nach 1945 führte sie den Verband wieder zusammen; 1951 wählten die Mitglieder sie zu ihrer Vorsitzenden. Gleichzeitig war Maria Nitzschke auch kommunalpolitisch aktiv. Als Mitglied des Rates saß sie im Jugendwohlfahrts- und Sozialausschuss und gestaltete die Sozialpolitik der 50er und 60er Jahre in der Landeshauptstadt entscheidend mit. 

Der damalige Bundespräsident Heinrich Lübke verlieh ihr 1964 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse Die Stadt Düsseldorf dankte Maria Nitzschke 1965 mit der Verleihung des Jan-Wellem-Rings, der AWO-Bundesverband würdigte ihren Einsatz mit der Marie-Juchacz-Plakette, der höchsten Auszeichnung der Arbeiterwohlfahrt.

Das Maria-Nitzschke-Haus ist heute Sitz des Kreisverbandes mit Vorstand und Verwaltung und beherbergt große Teile des Familienbildungswerks, das aus der einstigen Mütterschule hervorgegangen ist. Das Familienzentrum Pusteblume ist im Souterrain untergebracht und die Erziehungsberatungsstelle in der ersten Etage. Neu hinzugekommen sind im Laufe der Jahre die Migrationsberatung für Erwachsene, die Integrationsagentur, die „Initiative Ehrenamt“ sowie die IT-Abteilung.

60 Jahre Wegbegleitung für Familien: EB Derendorf

Mit einem „Tag der offenen Tür“ feiert die Erziehungsberatung (EB) Derendorf der AWO Düsseldorf am 2. Dezember 2025 ihr 60-jähriges Bestehen. Die EB Derendorf nimmt einen ganz besonderen Platz in der Geschichte des Sozialverbandes ein: Sie war die erste Erziehungsberatungsstelle der AWO in Düsseldorf und insgesamt die dritte im Düsseldorfer Stadtgebiet. Das Team der EB Derendorf unter Leitung von Leslie Baroche besteht aktuell aus sechs hauptamtlichen pädagogisch-psychologischen Fachkräften und engagiert sich mit Menschlichkeit und Fachlichkeit für die Bedarfe der ratsuchenden Familien. Die Fachleute beraten, vermitteln, orientieren und eröffnen Wege, um eine belastende Situation zu einer aussichtsreichen Perspektive zu machen. 

Nuran Breuer, Geschäftsführerin der AWO Familienglobus gGmbH, die auch die EB Derendorf betreibt: „60 Jahre Beratungsstelle Derendorf sind nur möglich, weil hier über Jahrzehnte hinweg flexibel, zukunftsorientiert und zugleich verlässlich auf neue Bedarfe reagiert wurde. Gerade in einer Zeit, in der gesellschaftliche Herausforderungen komplexer werden, ist es uns wichtig, die sozialen Entwicklungen in Düsseldorf aktiv mitzugestalten. Wir danken allen Beteiligten, die Generationen von Ratsuchenden engagiert und kompetent unterstützt haben.“

Aleksandra Schmidt, Hauptabteilungsleiterin Betreuung - Erzieherische Hilfen: „Seit 60 Jahren bietet unsere Erziehungsberatungsstelle Derendorf Familien und Kindern Schutz, Orientierung und neue Stärke. Diese Arbeit verkörpert für mich gelebte Verantwortung und bleibt ein unverzichtbarer Beitrag für das Wohl unserer Kinder. Es erfüllt mich mit tiefer Dankbarkeit und Stolz, eine Arbeit zu verantworten, die täglich das Leben von Kindern nachhaltig stärkt.“

Das 1953 novellierte Jugendwohlfahrtsgesetz hatte Familienberatung zur Pflichtaufgabe der Kommunen gemacht. Das Stammhaus wurde 1965 eröffnet. Vor 60 Jahren gab es in der Liststraße 2 eine sogenannte Mütterschule. Aus ihr ging das heutige Beratungs- und Familienzentrum hervor. Das damalige Sozialhaus (heute Maria-Nitzschke-Haus) wurde als sozialpädagogisches Familienzentrum konzipiert – und das zu einer Zeit, als es diesen Begriff noch gar nicht gab. 

Damals galt die Idee als geradezu revolutionär, die sozialpädagogische Arbeit in der EB nicht isoliert zu betrachten, sondern als Teil der familienpädagogischen Arbeit zu sehen, die einzelnen Bausteine an einem Ort zusammenzuführen und zu verzahnen: Familienbildung, Kita und Erziehungsberatung unter einem Dach - das hatte es noch nicht gegeben. Es reisten Fachleute aus aller Welt an, um die Umsetzung dieser ebenso einfachen wie genialen Idee anzusehen. Dies zeigt zugleich, wie innovativ die AWO bereits damals war. Heute ist dieses Prinzip Grundlage eines jeden Familienzentrums in NRW.

Beratungsstellen, Kita und Familienbildungswerk bilden ein Netz von Angeboten für die ganze Familie. Die EB ist ein wichtiger Baustein dieses Konzeptes: Sie bietet nach innen ein Höchstmaß an Fachlichkeit und Qualität und ist nach außen mit zahlreichen Fachstellen und Kooperationspartner*innen eng verknüpft. In den Anfangsjahren verfolgte die Einrichtung einen eher klinisch- tiefenpsychologischen Beratungs und Therapieansatz. Heute arbeitet sie – wie die übrigen Erziehungsberatungsstellen der AWO Familienglobus gGmbH – beratend, kindertherapeutisch und sozialraumorientiert.

In der Erziehungsberatung ging und geht es nicht darum, Kinder gemäß festgelegter Normen zu erziehen. Im Mittelpunkt steht vielmehr die gesamte Familie: Paare und Alleinerziehende, strittige Eltern, Kinder mit Problemen in der Schule oder Jugendliche auf dem Weg ins Erwachsensein. Kurzum: Es geht um alle Fragen und Probleme, die im familiären Bereich auftreten können. 

Pro Jahr suchen etwa 400 Familien den Weg in die Beratungsstelle. Seit der Corona-Pandemie gehören auch Video- und Telefonberatung zum Angebot. Das Besondere an der Beratungsstelle ist das Angebot in derzeit acht verschiedenen Sprachen. Wichtigstes Prinzip ist dabei, als niederschwelliges Angebot wahrgenommen zu werden. Bei langen Wartezeiten für einen Therapieplatz verfolgen Beratungsstellen hingegen das Ziel, möglichst zeitnah eine psychologisch-pädagogische Beratung zu gewährleisten. Dazu gehört die enge Vernetzung mit Kooperationspartnern der Jugendhilfe, insbesondere mit zahlreichen Familienzentren im Sinne der Frühen Hilfen, Beratungsangebote für Geflüchtete sowie einem besonderen Blick auf den Kinderschutz. 

In der aktuellen Arbeit der Beratungsstelle bilden sich gesellschaftliche Herausforderungen ab. Die Novellierung des Kinderjugendhilfegesetzes hat den Beratungsanspruch von Kindern und Jugendlichen gestärkt. Es legt in besonderer Weise den Fokus auf Familien, die von psychischer Erkrankung und Behinderung betroffen sind. Hilfe und Unterstützung im Umgang mit erlebter sexualisierter Gewalt, für Familien in Trennung oder Alleinerziehende wie im jüngsten Familienbericht gefordert, erfordern mehr denn je ein fachlich gutes Angebot, das auch in Zukunft Bestand haben soll.

 

 

 

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