„Es gibt keine Bildungsgerechtigkeit“

Prof. Dr. Stefan Sell referierte beim Frühlingsempfang der AWO

(eh) Unter das Motto „Bildungsgerechtigkeit“ hatte der Kreisverband der AWO Düsseldorf seinen Frühlingsempfang gestellt. Rund 140 Mitglieder, Freundinnen und Freunde, Förderer sowie auch zahlreiche haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AWO waren der Einladung ins Tanzhaus NRW gefolgt. Sie erlebten einen ebenso informativen wie unterhaltsamen Vormittag, der von Live-Musik und einem kleinen Büffet abgerundet wurde.


 
AWO Kreisvorsitzender Karl-Josef Keil (rechts) und Kreisgeschäftsführer Michael Kipshagen haben Prof. Dr. Stefan Sell in ihre Mitte genommen. (Alle Fotos: W.S.)

Bevor Prof. Dr. Stefan Sell zum Thema „Kann es Bildungsgerechtigkeit jenseits der Sonntagsreden überhaupt geben“ sprach und diese Frage gleich zu Beginn seiner Ausführung ganz klar verneinte, ergriff Kreisvorsitzender Karl-Josef Keil das Wort.

Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit, beim Frühlingsempfang einen Blick auf die Arbeit der Geschäftsbereiche der AWO Düsseldorf im vergangenen Jahr zu werfen und einen Blick in die Zukunft zu wagen, rückte der Kreisvorsitzende in diesem Jahr die Arbeit der haupt- und ehrenamtlichen Kräfte des Verbandes in den Mittelpunkt: „Sie sind eine wesentliche Hilfe und Stütze unseres Gemeinwesens“, so Karl-Josef Keil, der seit Ende November 2012 an der Spitze des Kreisverbandes steht. In seinen Dank schloss er die Auszubildenden des AWO Berufsbildungszentrums ausdrücklich mit ein: Die Azubis der Floristik hatten Bühne und Saal geschmückt und banden vor Ort für die Gäste kleine Blumensträuße. Die Azubis aus dem Bereich Hauswirtschaft waren für den Service während der Veranstaltung verantwortlich.


 
Das „Bernd Lier Swing Ensemble“ sorgte beim Frühlingsempfang für den richtigen Rhythmus.

Zuvor hatte der Vorsitzende die zahlreichen Gäste begrüßt. Unter ihnen den Bundestagsabgeordneten Andreas Rimkus, die Landtagsabgeordnete Marion Warden, Vertreterinnen und Vertreter aus Rat und Verwaltung der Landeshauptstadt, benachbarter AWO-Kreisverbände sowie Vertreter der LIGA Wohlfahrt der Landeshauptstadt. Auch Manfred Ludwig Mayer, Ehrenvorsitzender der AWO Düsseldorf, sowie ein Großteil des AWO-Kreisvorstands waren ins Tanzhaus gekommen.


Ein besonderer Gruß des Vorsitzenden galt Paul Saatkamp (Foto rechts), Ehrenvorsitzender des AWO Bezirks Niederrhein und Mitglied im Vorstand von AWO International: Der ehemalige Sozialdezernent der Landeshauptstadt konnte im vergangenen Jahr auf 60 Jahre Mitgliedschaft in der AWO zurückblicken und durfte sich über einen Blumenstrauß freuen, den der stellvertretende Vorsitzende Bernd Flessenkemper ihm überreichte. Auch Bernd Flessenkemper bekam einen prächtigen Strauß überreicht: Er hatte viele Jahre als Vorsitzender den Düsseldorfer Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt geführt

„Kann es Bildungsgerechtigkeit jenseits der Sonntagsreden überhaupt geben – Über Tiefen und Untiefen einer wichtigen Angelegenheit“, lautete dann der Titel des Referats, das Prof. Dr. Stefan Sell hielt. Der Direktor des Instituts für Bildungs- und Sozialpolitik der Hochschule Koblenz machte gleich zu Beginn deutlich, dass dies „kein vergnügungssteuerpflichtiges Thema“ sei. Es gebe keine Bildungsgerechtigkeit. Nach wie vor – und in immer stärkerem Maße – sei vorrangig nicht der Intellekt, sondern der familiäre und finanzielle Hintergrund der Kinder und Jugendlichen verantwortlich für deren schulische Entwicklung und berufliche Perspektive: „Das dumme Zahnarztkind hat bessere Chancen auf eine Gymnasialempfehlung als das kluge Arbeiterkind“, konstatierte Prof. Sell.


 
„Sie müssen eine finanzpolitische Debatte auf den Weg bringen“, fordert Prof. Sell die Wohlfahrtsverbände auf.

Um Chancengleichheit – also den Zugang zu Bildung – zu erreichen, müssten die Verantwortlichen viel Geld in die Hand nehmen und die Bildungsetats deutlich erhöhen. Zudem müssten sozial schwache Familien unterstützt werden. Studien hätten gezeigt, dass der familiäre Hintergrund für die schulische Entwicklung von Kindern doppelt so wichtig sei wie die Arbeit, die in den Bildungseinrichtungen geleistet werde. Dies müsse endlich auch von politischer Seite entsprechend berücksichtigt werden. „Sie müssen eine finanzpolitische Debatte auf den Weg bringen“, fordert Prof. Sell die Wohlfahrtsverbände auf.

Özgür Cebe hatte das Publikum im Tanzhaus NRW schnell auf seiner Seite.
Nach diesen mahnenden Worten enterte Özgür Cebe die Bühne. Der „Ostwestfale mit türkisch-armenisch-kurdischen Wurzeln“ präsentierte Kostproben seiner Programme „Der bewegte Muselmann“ und „Freigeist oder geistfrei – das ist hier die Frage“. Der sympathische 40-Jährige nahm mit einer guten Prise Selbstironie Vorurteile und Migranten-Stereotype aufs Korn und berichtete von der Suche nach Identität, Heimat, Integration und dem Leben mit Klischees.
 

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